Sonstige Objektive

Sonstige Objektive

Hier soll es einerseits um Normal-, Wechsel- und Spezialobjektive aus dem mitteldeutschen Raum bzw. der DDR gehen, die anderen Orts noch nicht behandelt wurden, aber auch um Vergleiche mit dem Stand der Technik, den andere Hersteller erreicht hatten. Der Blick über den Tellerrand sozusagen.

Meritar

Eines der wichtigsten Normalobjektive für den "Kleinen Mann" war das dreilinsige Meritar der Firma Ernst Ludwig in Weixdorf. Schon in der Zwischenkriegszeit wurden von dieser Firma Triplets für die besonders  preisgünstige  Komplettierung von Rollfilm-Springkameras hergestellt. Später kamen Typen für die Kleinbildkamera hinzu. Bis zum maximalen Öffnungsverhältnis von 1:2,9 bei einer Brennweite von 50 mm war das Meritar hier ausgereizt worden. Neben einer Einbauvariante in den Cludor-Zentralverschluß wurde das Triplet nach dem Kriege auch  für die Kleinbild-Spiegelreflexkamera angeboten, wobei  hier der "Hauptanwendungsfall" die Exa gewesen sein dürfte. Das legt schon der moderate Verkaufspreis dieses Normalobjektivs nahe, der nach Mai 1960 bei lediglich 43 Mark und 50 Pfennigen lag. Dem Exa-Besitzer, der kaum größere Abzüge als 7x10 oder 9x12 anfertigen ließ, genügte auch die zugegebenermaßen bescheidene Abbildungsleistung dieses Triplets. In geringerem Umfange wurde aber auch eine Version mit dem M42-Gewinde für die Praktica angeboten, wie das untere Bild zeigt. Das dürfte aber nach Einführung der Druckblendenmechanik in der zweiten Hälfte der 1950er Jahre eher der Ausnahmefall gewesen sein.

Ganz oben sind die Fassungsgestaltungen des Meritar 2,9/50 zu sehen; von den späten 40er Jahren (noch ohne Vergütung und recht grob bearbeiteter Fassung) bis hin zu einer ausgesprochen zeitgemäßen Variante mit Vorwahlblende. Diese sollte einmal mit dem Primotar 2,8/50 mm von Meyer Görlitz verglichen werden (im Bild oben rechts).

Hier eine Gegenüberstellung gezeigt der Kontrastübertragung des Meritars 2,9/50 mit dem (vergleichbaren) Domiplan von Meyer Görlitz und dem Jenaer Tessar 2,8/50mm.

Ludwig Meritar 3,5/75 Beier Precisa

Als Meritar 3,5/75 mm wurde dieser wohlfeile Dreilinser in den 1950er Jahren auch in Mittelformatkameras des Nennformates 6x6 verbaut. Für die Bildgröße 6x9 gab es eine Variante mit der Lichtstärke 1:4,5.


Bei der Reparatur dieser Kamera entdecke ich übrigens auf der Rückseite der Andruckplatte dieses Datum. Es lohnt sich also manchmal, an solchen Stellen nachzuschauen

Daß bei Ludwig in Weixdorf zwar komplexere Objektive als die billigen Triplets entwickelt, aber dennoch nicht auf den Markt gebracht worden sind, erklärt uns eine Einschätzung aus einem CIA-Bericht vom Mai 1955 [CIA-RDP80-00810A006600430009-6]. In der DDR der 50er und 60er Jahre war die Wirtschaftspolitik gegenüber mittelständischen Privatbetrieben so ausgerichtet, daß Kredite, die zur Ausweitung der Produktion notwendigen Investitionen ermöglicht hätten, nur im Gleichklang mit einer staatlichen Beteiligung zu erlangen waren. Dies lief auf einen Kontrollverlust auf das eigene Unternehmen hinaus, den die Inhaber oft bis zum Letzten zu vermeiden suchten. Als fatale Folge ergab sich oftmals die erschreckende Stagnation in diesen Firmen zu jener Zeit, wie sie beispielsweise auch bei Pouva zu erkennen ist.

CIA-RDP80-00810A006600430009-6

Zeiss Oberkochen Tessar 3,5/50 mm

Ein interessantes Versuchsobjektiv aus der Bundesrepublik ist dieses Tessar 3,5/50 mm mit Anschluß für die Exakta Varex. Mir ist nicht bekannt, daß in Oberkochen Objektive für dieses Kamerasystem serienmäßig gefertigt wurden. Möglicherweise wurde das Versuchsobjektiv aber gezielt mit einer Fassung für die Exakta versehen, um die optische Rechnung mit dieser Kamera praktisch erproben zu können. Schließlich galt die Exakta bis in die zweite Hälfte der 1950er Jahre als die international führende einäugige Kleinbildreflexkamera.

M. Kröger 2021